Nachteil, Nachteilzug, Blinden- und Seehund
OFF-DA-DA :
Texte und Jazz
Mit einem kunterbunten Buchstabensalat aus Russisch Brot und der Androhung,
"Wörter aus dem Zusammenhang zu reißen" oder gar im Munde herum zu drehen,
stellt der Autor unter dem Motto "OFF-DA-DA" ein gemeinsames Programm mit
Offenbachs bekannter Jazzformation, der Off-Jazzgroup, vor.
Sprachspiele, Wörtermixturen, Lautgedichte und Dialektgebabbel mischen sich mit der
Musik des Quartetts zu einem sinnig-witzigen Ganzen. Rhythmisch gesprochener Singsang
mündet in "Fang halt e mal an, Mann" - schon geht's los: "Am Anfang
war das All...". Monströse Wortgetüme bäumen sich auf:
"Blattwaldkahlschlaglandtagswahlkampfschlacht". Lenhart spricht, summt, lallt,
stammelt, säuselt, schreit, gibt unartikulierte Laute von sich - und hält Zwiesprache
mit den Musikern, die ihn musikalisch ergänzen, kommentieren, doppeln oder das
Gesprochene weiter entwickeln.
Durch Lenharts Sprachakrobatik, die an Ernst Jandl erinnert, werden Wörter in einen neuen
Zusammenhang gestellt. Diese Abstraktion löst sie gewissermaßen von ihrer
ursprünglichen Bedeutung und erlaubt nun einen vorurteilsfreien Blick auf Sprache, rückt
sie mit einer anderen Ernsthaftigkeit ins Bewusstsein. Viele der präsentierten
Zusammenhänge sind, witzig, komisch und mahnen einen genaueren Umgang mit Wörtern an.
Ähnlichkeiten geben zu denken. "in die Disko" geht über in
"indiskutabel". "Der Nachteil ist, der Nachteilzug fährt auf den Vorzug
auf...". Oder die Geschichte vom Blindenhund und vom Seehund... "Stop and
Go" wird bei Lenhart ' zum "Walkman"-Motiv: "Saufen, Dolby,
Rauschunterdrückung". Der Sprachkünstler mokiert sich übers "tragbare Telefon
und untragbare Gespräche".
Grollen, grummeln, flüstern - was Lenhart am Mikro macht, fangen die vier Musiker
als Stimmung auf und komplettieren inhaltlich, übersetzen in musikalische Vokabeln.
Lenhart mahnt: "Hören Sie möglichst auf den Text und nicht auf mich!" Und,
immer lauter werdend: "Bei einer Lesung sollte es ganz leise sein..." Räuspern,
husten, klatschen, mit den Füßen scharren, "fallbeiliger Applaus" oder ein
(sprachliches) Pingpongspiel mit Publikum. All das kann beim Frankfurter Autor zum
Gegenstand eines Textes werden. "Ohrenputzen" mit "Ohrenseide" fließt
ein: Wer Ohrenseide nicht regelmäßig anwendet, versteht immer weniger - Hans-Jürgen
Lenhart verschluckt beim weiteren Vortragen zunächst die Vokale, schließlich lässt
er auch noch einige Konsonanten weg, sodass nur noch Fragmente der Texte zu hören sind.